Die nationalen Behörden üben eine allgemeine Aufsicht zur Gewährleistung der Fluggastrechte aus, sind jedoch nicht verpflichtet, aufgrund individueller Beschwerden tätig zu werden

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Urteil des EuGH in den verbundenen Rechtssachen C-145/15 und C-146/15 K. Ruijssenaars, A. Jansen und J.H. Dees – Erf / Staatssecretaris van  Infrastructuuren Milieu

Bei der  Annullierung eines Flugs ist das Luftfahrtunternehmen gemäß einer Verordnung der Union 1 verpflichtet,  die betreffenden Fluggäste zu betreuen und ihnen eine Ausgleichsleistung  (je nach Entfernung  zwischen 250 und 600 Euro) zu  zahlen.

Des  Weiteren ist jeder Mitgliedstaat verpflichtet,  eine Stelle zu benennen, die für die Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften  zuständig ist. Jeder Fluggast kann bei dieser Stelle Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung erheben. Die für Verstöße festgelegten Sanktionen  müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

In den Niederlanden wurde der  Staatssekretär als zuständige nationale Stelle benannt.  In diesem  Rahmen verfügt er über eine allgemeine Befugnis,  Durchsetzungsmaßnahmen zu erlassen,  insbesondere wenn eine Fluggesellschaft  sich  systematisch weigert, die Fluggäste zu entschädigen. Hingegen ist ihm nicht erlaubt,  Durchsetzungsmaßnahmen auf Antrag eines  Fluggasts, der  ihn mit  seine m Fall befasst, zu erlassen.

In diesem Zusammenhang  sind beim Raad van State (Staatsrat) zwei Rechtsstreitigkeiten  anhängig, die Fluggäste betreffen, denen die Zahlung einer Ausgleichsleistung verweigert worden  war. Sie hatten beim Staatssekretär beantragt, Durchsetzungsmaßnahmen  gegen das betreffende  Luftfahrtunternehmen zu erlassen, was dieser verweigerte. Der Staatsrat  zweifelt an der  Zuständigkeit des Staatssekretärs für den Erlass  von Durchsetzungsmaßnahmen in Einzelfällen  aufgrund  eines Antrags von Fluggästen und befragt  hierzu  den Gerichtshof.

In seinem heutigen Urteil legt d er Gerichtshof zuerst den Begriff der „Beschwerde“ aus, mit der die Stelle von jedem Passagier befasst werden kann. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass  unter  diese m Begriff  eher Hinweise zu verstehen sind, die zur ordnungsgemäßen Anwendung der  Verordnung im Allgemeinen beitragen sollen, ohne dass die Stelle verpflichtet wäre, aufgrund solcher Beschwerden tätig zu werden, um das Recht jedes einzelnen Fluggastes auf Erhalt einer  Ausgleichsleistung zu gewährleisten.

Der Begriff der „Sanktionen“ bezeichnet Maßnahmen, die als Reaktion auf Verstöße ergriffen  werden, die die Stelle in Ausübung ihrer allgemeinen Aufsicht aufdeckt, und nicht verwaltungsrechtliche Durchsetzungsmaßnahmen, die in jedem Einzelfall zu ergreifen sind.

Infolgedessen ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die  zuständige nationale Stelle grundsätzlich nicht verpflichtet ist, Durchsetzungsmaßnahmen gegen ein  Luftfahrtunternehmen zu erlassen, um es dazu anzuhalten, die dem Fluggast nach der Verordnung Nr. 261/2004 zustehende  Ausgleichsleistung zu zahlen.

Der Gerichtshof stellt allerdings fest, dass die Mitgliedstaaten angesichts  der Ziele der Verordnung und des Handlungsspielraums, über den sie bei der Zuweisung der Zuständigkeiten, die sie den Stellen übertragen möchten, verfügen, die Möglichkeit haben, zum Ausgleich eines  unzureichenden Schutzes der Fluggastrechte die Stelle zu ermächtigen, Maßnahmen auf individuelle Beschwerden hin zu ergreifen.