Am 5. Juni 2015 (EU) wurde VERORDNUNG (EU) 2015/848 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENT UND DES RATES vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung) im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, grenzüberschreitende Insolvenzverfahren effizienter und wirksamer zu gestalten, was Schuldnern und Gläubigern zugutekommt, indem der Fortbestand von Unternehmen erleichtert und Unternehmern eine zweite Chance gegeben wird. Ferner gleichen sie die geltende Insolvenzverordnung an die seit deren Inkrafttreten im Jahr 2002 erfolgten Entwicklungen im Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten an.
Einige der wichtigsten Änderungen sind:
- Erweiterung des Geltungsbereichs der Verordnung zu so genannte Hybrid-und Pre-Insolvenzverfahren wie Verfahren, die auf eine Sanierung des Schuldners in einer Situation gerichtet sind, in der lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz besteht, Verfahren, bei denen der Schuldner ganz oder teilweise die Kontrolle über seine Vermögenswerte und Geschäfte behält, Verfahren, die eine Schuldbefreiung oder eine Schuldenanpassung in Bezug auf Verbraucher und Selbständige zum Ziel haben.
- Verbesserung der Verfahrensrahmen für die Bestimmung der Zuständigkeit:Orientierungshilfe für alle Betroffenen und im Interesse größerer Rechtssicherheit wird das Konzept des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen des Schuldners näher präzisiert. Außerdem enthalten die neuen Vorschriften eine Reihe von Schutzvorkehrungen, um missbräuchliches “Forum Shopping” zu verhindern.
- Sekundärinsolvenzverfahren: In dieser Verordnung sind spezifische Situationen vorgesehen, in denen das mit einem Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens befasste Gericht die Eröffnung eines solchen Verfahrens aufschieben oder ablehnen können sollte, und zwar auf Antrag des Verwalters im Hauptinsolvenzverfahren. Darüber hinaus wird eine Reihe von Vorschriften über Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den im Haupt- und im Sekundärverfahren beteiligten Akteuren hinzugefügt.
- Insolvenzregister: Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, relevante Informationen in grenzüberschreitenden Insolvenzfällen in einem öffentlich zugänglichen elektronischen Register bekanntzumachen. Dies wird die Information der Gläubiger und der Gerichte verbessern und die Eröffnung von Parallelverfahren verhindern. Die Insolvenzregister werden über das E-Justiz-Portal vernetzt, um den Zugang zu diesen Informationen für Gläubiger und Gerichte in anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern.
- Unternehmensgruppen: Die Verordnung enthält eine Reihe von Verfahrensvorschriften, die gewährleisten sollen, dass Insolvenzverfahren über das Vermögen verschiedener Gesellschaften, die einer Unternehmensgruppe angehören, effizient geführt werden.
Die neue Verordnung ist nur auf solche Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach dem 26.6.2017 eröffnet worden sind. Die alte Verordnung 1346/2000 gilt weiterhin für Verfahren, die vor dem 26.6.2017 eröffnet wurden.